Genug schwedische Luft geschnuppert – bzw. mit 6 Windstärken regelrecht in die Nase gedrückt bekommen:
Ich will kein nasses Wetter mehr!
Meine Frau möchte kein nasses Wetter mehr!
Unser Picasso möchte kein nasses Wetter mehr!
Und Wind – passend zum Regen – den wollen wir auch nicht. Das ist kein Winter, das ist ein russischer oder finnischer Sommer. Wahrscheinlich würden die Finnen oder Russen jetzt die Badehose auspacken und mich etwas mitleidig anschauen, wie ich mit dicker Jacke, Pudelmütze und dem vollen Equipment dastehe. Die dicken angerauten Unterhosen sieht ja zum Glück keiner…
Warum eigentlich nicht – also wer sie in grün sehen möchte – dann bitte 5 Euro ins Unterhosenschwein, und ich schicke dann ein Bild. Nicht MIT der Unterhose, sondern VON der Unterhose – frisch gewaschen und gebügelt. Ich wusste doch, ich werde mal viel Geld verdienen: Das hier ist DIE Idee!
Aber Spaß beiseite: Wind und Regen habe ich über 21 Jahre in Nordfriesland „genossen“. Mein Soll an „in-die-Nase-gedrückte-Seeluft“ ist für mich damit erfüllt. Also Sachen packen und los geht´s.
Ich bin ja schließlich „Der Reisende Händler“ und nicht „Der Parkende Händler“.
Bei den Lichtverhältnissen fällt die Abreise etwas schwer, aber ich habe ja etwas im Kopf.
Und das sind Nordlichter. Dafür mal schnell einen Blick auf die Wetterkarte, um zu prüfen, wann wir bei klarem Himmel eine Chance haben, überhaupt Nordlichter zu sehen. Klarer Himmel ist da zwingend – warum???
Weil die Lichter über den Wolken ihr Unwesen treiben. Wolken sind schon in Höhen von wenigen hundert Metern zu finden – Nordlichter treiben ihr Unwesen in mindestens 300 km Höhe. Der kluge Mensch weiß also – Wolken können den zarten Blick auf die Grünen Ungetüme trüben.
Und dann frag ich mich wieder nebenbei – wenn Wolken den Blick auf GRÜNE UNGETÜME trüben oder sogar verhindern – wo waren die Wolken bitte schön am Wahlsonntag 2021?
Sie hätten sehr viel Unheil verhindern können. Von wegen Wolken bringen Unheil – in diesem Fall hätten sie die grünen Ungeheuer verschleiert (hi hi – kleines Späßchen) und keiner hätte sie wahrgenommen. So wie Nordlichter, wenn Wolken davor sind.
Ok – mal wieder abgeschweift. Wir wollen Nordlichter sehen (Aurora Boralis) und dafür benötigen wir klaren Himmel – PUNKT.
Klaren Himmel haben wir nur noch bis Sonntag – also vier Tage. Aber bis dahin, wo man sie sehen kann, sind es noch zarte 1.800 km. Da kommt man ins Grübeln. Nicht darüber, was man wie macht, sondern welche Schuhe sind vorne am schwersten, damit man sie einfach auf das Gaspedal stellt und über hunderte von Kilometern entspannt. Ich habe mich für „Schuhe aus“ und Tempomat entschieden.
Das hat mehrere Vorteile: Einer davon ist zum Beispiel, dass man den Beinmuskel des rechten Beines nicht mono trainiert und den linken vernachlässigt. Das wäre nämlich insofern doof, dass ich beim nächsten Marathon im Kreis laufen würde. Also wähle ich die kluge Variante, und lasse beide – Rechts und Links – in Ruhe. Tempomat und einfach laufen lassen.
Der zweite nicht zu unterschätzende Vorteil ist, wenn man den Tempomat auf 80 km/h stellt, dann fährt die Kiste konstant 80 km/h. Im manuellen Modus – also Fuß auf Gaspedal – ist da manchmal ein Zucken drin, und schon steht da auch mal schnell eine 90 oder 100 auf dem Tacho. Ich weiß, wovon ich rede, und ich mag die Folgen nicht. Dann bucht irgendein Regierungspräsidium wieder viel Geld vom Konto ab, und in Flensburg bekomme ich wieder Punkte ins Muttiheft, die niemand braucht. Sind ja keine Fleißbienchen, sondern kleine Teufelchen.
In Norwegen ist zumal damit nicht zu scherzen, denn 20 km/h zu fix können schon mal 800 Euro Bußgeld kosten. Das wiederum fließt aber in königliche Kassen und nicht zum Roten Olaf, der es ja auch gut gebrauchen könnte.
Das will ich mir alles nicht antun – also zeitig los und die kommenden 3 Tage „auf Strecke“ ausgelegt.
Wir starten im Süden von Öland und mein Mindestziel für den Tag ist Alvdal. Dort hat mein blondes Navigationssystem auf dem rechten Sitz im Fahrzeug einen Parkplatz für die Nacht auserkoren, oder besser mit einer Stecknadel versehen (Sie ist ja gelernte Schneiderin – keine Hebamme).
Entfernung für den Abschnitt 900 km. Also an einem Tag nicht zu schaffen.
Wir machen einen Zwischenstopp in Ekeby in Schweden und parken zum Abendbrot an einer Pizzeria. Die haben wir
- verdient und
- noch nie so gegessen.
Diese Pizza ist sehr gut gemacht – in der Form ungewöhnlich – und für mich, der sich nie entscheiden kann, genau das Richtige. Ein bunter Reigen aus Zutaten auf einem GUTEN Pizzateig vereint… echt cool.
Als wir einparken und raus wollen, um die Pizza zu holen, stellen wir doch DIREKT fest:
„Es ist wirklich nicht Sommer!“
Und ich habe Badehosen und 25 T-Shirts eingepackt (Ok, nicht ich selbst). Wir haben außerhalb der Aluhaut unseres Autos doch knackige Minus 12 Grad. Da ich ungewohnter Mitteleuropäer geworden bin, kenne ich solche Temperaturen nur noch NACH dem Katastrophenalarm.
Als Kind (ja ich war mal noch kleiner) bin ich jeden Winter mit Skiern zur Schule gefahren. Da waren 10 Grad Minus normal und fast Frühling.
Wenn die Kids heute zur Schule wollen, oder dürfen, dann wird gemeckert, wenn Muttis SUV im Innenraum unter 23 Grad hat – denn die Klima zuhause macht immer 23 Grad.
Upps – schon wieder abgeschwiffen (das ist neudeutsch)…
Also, es war kalt draußen und wir haben die Pizza in den Innenräumen des komfortablen Gefährtes zu uns genommen. Mit Biogas geheizt, und auch ein Blatt frischen Basilikum als „Sahnehäubchen“ draufgelegt. Selbst gezogen natürlich, was sonst.
Beim Essen kann man natürlich auch über die schönen uns lustigen Sachen reden, die man am Tag gesehen hat. Und schon reden wir über lila Elche und über vereiste Wandflächen an den Felsen, die immer wieder den Straßenrand säumen.
Nach der geilen Pizza – ich weiß das ist ordinär, aber geil – ein bisschen Wein und SCHLAFEN.
Ich weiß nicht, woran es liegt – aber ich habe selten so viele Stunden jede Nacht im Bett geschlafen wir jetzt. Klar nach 600 km oder so kaputt, aber nur das? Eher nicht… manchmal ist man einfach glücklich kaputt. So sagt der Optimist wie ich. Der Pessimist sagt bestimmt: „Ich hab bald Burnout“. Ich weiß nicht, was es ist, muss aber böse sein.
Zurück zur Pizza – oder zu der Zeit danach. Es gibt ein Leben nach einer guten Pizza! Wirklich.
Nächsten Morgen – Puha nächsten Morgen.
Erste Überraschung – es war kalt. Und es war so kalt, dass der Hund draußen nur kurz Pipi gemacht hat und direkt wieder rein wollte. Ohne kacken… was für den Tagesablauf doof ist.
Wenn morgens 20 Minuten drauf gehen „mit Alles“, dann ist der Tag gerettet, und der Kleine total entspannt.
Der ein oder andere kennt das, oder?
Wenn die Frau morgens unter die Dusche „mit Alles“, also auch mit Haare, dann dauert es wohl sehr lange, aber der Tag ist entspannt.
Duschen nicht „mit Alles“ also ohne Haare, bedeutet tagsüber Einschränkungen.
„Nee essen gehen ist jetzt doof, hab die Haare heute nicht… und so…“
Also eher unentspannt. Und so ist es, wenn ein Hund morgens raus geht – Pinkeln – „OHNE ALLES.“ Denn sein Innenleben, und damit er, wird sich genau dann melden und Bescheid geben, „Lass mich raus, oder ich kack auf den Teppich“.
Wenn Du grad Deinen Plan umsetzt, so schnell wie möglich von A nach B zu kommen. Das hält natürlich auf, denn nirgends ist es grad wärmer. Über all unter Minus 10 Grad.
Aber wenn es drückt muss man raus. Um dann aber auch festzustellen, dass kleine warme Hundefüße und 12 Grad Minus nicht harmonieren. Heißt im Klartext, wir müssen anhalten, weil Hund voll.
Was die Tour aber wirklich interessant macht, ist die Tour selbst. Einfach cool diese Eindrücke mitzunehmen… und den Winter so zu genießen.
Schweden ist bald hinter uns
Wir sind ja auf dem Weg nach Norwegen, und der spannende Augenblick kommt dann, wenn wir an der Grenze auftauchen.
Wie sehen die Norweger das mit der Corona und so?
Angemeldet sind wir elektronisch, und nun müssen wir sehen, wie ist es mit Test – Nichttest.
Was ist mit Impfen oder Nichtgeimpften?
Was ist mit den zwei Bier und der Flasche Wein, die wir zu viel mit haben?
Fragen über Fragen… und an der Grenze in Kongsvinger wird alles aufgeklärt.
Relativ unkompliziert – denn es ist Niemand da J
Ok – die zwei Bier und den Wein lasse ich mal unter den Tisch fallen… ok?
Test aus Dänemark im EU-Zertifikat eingetragen – gültig bis 09.01.2022 – auch gut.
Hund durchgeimpft (auch das ist wichtig) und entwurmt.
Also Gas und weg – alles gut, denn ich muss an die nächste Tanke. Nicht, weil ich Durst habe, sondern weil ich das WoMo sparsam betankt habe:
- In Schweden 1 Liter Diesel in echt 2,01 Euro
- In Norwegen 1 Liter Diesel 1,56 Euro
Machen wir mal eine Rechnung auf:
Unser WoMo tankt 170 Liter, und wir haben 0,45 Euro Unterschied auf einer Strecke von zwei km. Das macht auf eine Tankfüllung ca. 76,00 Euro. Respekt – ich habe ja am Anfang gedacht, ok, wenn eine Kiste Bier dabei übrigbleibt, dann mach ich mit. Aber wie groß kann eine Kiste Bier für 76,00 Euro sein?
Wir machen es kurz – wir tanken voll und geben Gas bis Alvdal. Das ist der Stellplatz, den wir ins Auge gefasst haben – denn hier gibt es auch Gas.
Nach 5 Tagen ist unser Tank laut Anzeige halb leer (der halb voll). Egal wie man es sieht, beides schreit nach Auffüllung.
Nach ca. 500 km im Schneegestöber kommen wir auf dem Platz an:
- Hund ausgeschlafen
- Frau aufgeregt
- Mann fertig und durstig
Also, Auto abstellen, Hubstützen raus, und das übliche: Auto checken, Fahrtenbuch, Mails checken, Paternoster begleiten und und und… ganz wichtig: Ein Feierabendbier aufmachen.
Vielleicht mit dem Hund raus.
Aber nur VIELLEICHT. Denn es sind Minus 27 Grad (in Worten Minus siebenundzwanzig Grad). Ich beschließe direkt mein T-Shirt zu tauschen gegen einen Rolli. Mein Gott, ist das kalt. Frau und Hund sind grad draußen – also ich möchte nicht tauschen…