Wir haben traumhaftes Winterwetter und starten in unseren ersten vollen Arbeitstag im Jahre 2022.
Ich schaue oder lese morgens keine Nachrichten mehr, denn ich kann es nicht mehr ertragen. Früher gern gelesene Pushup Nachrichten auf dem Smartphone habe ich deaktiviert. Warum? Wenn ich morgens aufstehe und mich entspannt ins Bad begebe, habe ich mich gerne etwas „belesen“ und der Tag startete oft mit so positiven Sachen wie:
- Ab heute haben wir 10 Tage Hochsommer
- Die Bundesregierung beschließt Rentenerhöhungen
- Es wurde letzte Nacht ein riesiger Komet gesichtet
- Morgen ist Sonnenfinsternis ein traumhaftes Schauspiel
- Eisbär*in Brunoline hat Zwillinge bekommen, eines ist dunkel, was ist passiert?
Oder irgend so etwas, worüber man lachen konnte, oder man freut sich auf den Tag oder den Abend. Heute öffne ich mein Smartphone und die erste und einzige Meldung die erscheint lautet wortwörtlich: „Inzidenz schnellt auf 806,8 – Hamburg über 1.500…“
Meine Tage will ich so nicht beginnen! Warum nicht den Spieß umdrehen und Erfolge präsentieren und Optimismus wie z. Bsp:
„Am heutigen Sonntag haben sich 82.550.000 Menschen in Deutschland nicht infiziert, und bis auf 36 Ausnahmen haben alle überlebt“
Mach kaputt, was Dich kaputt macht
Deswegen habe ich alle abgeschaltet, und schaue auf den Wetterbericht bevor wir starten.
Ich bin von Natur aus Optimist und kein Pessimist, und das will ich auch weiter so leben.
Kennt ihr den Unterschied zwischen einem Optimisten und einem Pessimisten?
„Der Pessimist zieht morgens seine Hose an, und nutzt Gürtel UND Hosenträger!
Der Optimist nutzt nix davon und sagt: „die wird schon irgendwo hängen bleiben“
Connys erste Frage heute früh beim Kaffee und der Chartanalyse:
„Schatz was meinst Du können wir heute weiter fahren in Richtung Ostsee? Irgendwie hab ich Hummeln im Hintern“.
Klare Frage – Klare Antwort! Um 11.00 Uhr ist mein Tagesziel im EUR / USD erreicht und den Dax können wir im Gewinn absichern. Also lautet meine Antwort: „na klar – lass uns packen und auf geht´s“
Von den beiden schönen und interessanten Abenden mit Oliver und Astrid müssen wir die Spuren beseitigen. Unseren Kohlegrill leer machen und reinigen, alles wieder verstauen, Holz wegpacken, welches wir nicht verheizt haben und alles verstauen, was man sonst so benutzt oder geleert hat.
Gegen Mittag reisen wir dann ab in Richtung Umea; eine mittelgroße Stadt gute 500 km südlich von der Spitze des bottnischen Meerbusens. Wir haben uns eine Strecke von ca. 230 km vorgenommen, um am Abend dann in dem Städtchen zu nächtigen. Wie es aber im Leben so oft ist: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
Die Fahrt sollen wir bei strahlendem Sonnenschein und 12 Grad Minus erleben dürfen. Das macht lust auf eine sonnige Tour und vielleicht auch auf Rentiere oder Elche. SO muss ein Tag beginnen.
Wir haben bereits 25 km der Strecke hinter uns gebracht und reden über Umea: und wie wir weiter kommen, wo wir noch Halt machen und vielleicht auch noch etwas sehen können. Und genau da kommt wieder meine Naivität ins Spiel. Natürlich nicht genau gefragt „wo liegt Umea überhaupt“ sondern drauf los gefahren. Erst jetzt wird mir bewusst, dass wir viel südlicher an die Ostsee kommen, als wir eigentlich wollten. Conny hatte sich gewünscht und geplant in Lulea zu halten. Also wiederholen wir das Ritual und…
Wir ändern unsere Route – mal wieder
Wir suchen eine brauchbare Strecke, um die Europastraße zu wechseln. Denn Umea liegt südlich von uns und Lulea liegt etwas nördlich. Einfach so über die Dörfer heizen ist nicht gut bei den Temperaturen und den Schneeverhältnissen. Hier trifft man mehr Leute auf einem Motorschlitten als in einem Auto. Das gibt zu denken, wenn man so in die eine oder andere Seitenstraße lugt und überlegt: „hmmmm einfach mal probieren?“
Nee nee nee, besser nicht, Denn wenn die 7 Tonnen erst einmal stehen und fest sind, dann stehen sie. Und ich habe keinen Bock noch einen schwedischen Bauern hinter dem Ofen rauszuklingeln, und ihn zu fragen:
„kannst bitte mal ein bisschen ziehen – ich war zu blöd“.
Zumal man nicht weiß, wie die Landwirte hier sprachlich aufgestellt sind.
Wenn deren englisch genauso gut ist, wie das hochdeutsch der nordfriesischen oder bayrischen Bauern, na dann gute Nacht Marie. Dann leiht der schwedische Landwirt uns vielleicht einen Rentierschlitten, mit Rudolph vorn dran; (der hat ja eh Homeoffice bis Weinachten 2022); oder denkt wir wollen im Stall schlafen und ein Kind in die Krippe legen, oder was weiß ich. Er wird aber niemals verstehen, was wir möchten.
Zum Glück sind die Schweden (wie die Norweger auch) sprachlich sehr gewandt und sprechen durchweg gutes Englisch. Also auf jeden Fall um Längen besser als ich. Aber für mich ist es eine gute Übung, und es ist eine Herausforderung in jedem Restaurant, in jedem Einzelhandelsgeschäft und in jedem Supermarkt.
Zum Glück hier in Schweden alles ohne Maske – denn sie wissen was sie tun !
Stellt Euch folgendes Szenario vor:
Ich mit meinen Englischkenntnissen und einem „Schnutenpulli“ unter der Nase bestelle im Restaurant ein Bier. Die Sprache nicht perfekt und dann noch diese Bremse dazu.
Und Zack – so schnell kannst du gar nicht gucken, steht ein Alkoholfreies vor Dir. Das ist teuer, schmeckt nicht, ist sinnlos und fordert einen gewissen Erklärungsbedarf gegenüber meiner Leber. Das wäre mir zu viel Aufgabe auf einmal.
Wir finden nach ca 30 km eine brauchbare Strecke über Landstraßen, welche uns zurück bringen auf die E 45 um dann über die 94 nach Lulea zu gelangen.
Die Strecke ist nicht nur sehr schön zu fahren und sehr abwechslungsreich, sondern sie beschert uns das Highlight dieser gesamten Tour überhaupt.
Wir dallern so mit 70 kmh entspannt über die E45 und quatschen und quatschen und quatschen. Eine meiner Stärken muss man wissen….
Wir kommen an einem Parkplatz vorbei, wo noch ein Wohnmobil zu sehen ist. Das ist um diese Jahreszeit sehr selten. Im Vorbeifahren erkennen wir noch ein deutsches Kennzeichen – ein Kastenwagen mit einem Hamburger Kennzeichen. Oft ist es so, wenn man solche Strecken fährt, trifft man andere Wohnmobile, die man unterwegs wahrgenommen hat auf dem nächsten interessanten Stellplatz wieder. So reichlich sind gute Stellplätze nicht, die Ziele der Wohnmobilisten ähneln sich oft. Und so vermuten auch wir „die werden wir in Lulea wohl wiedersehen“
Solange soll es aber nicht dauern…
Wir fahren so vor uns hin und freuen uns an der Landschaft, als ich aus meinem Seitenfenster ein Gebilde erkenne, was fast an ein Ufo erinnern könnte oder an… ich weiß es nicht. Ein Farbenspiel, welches wir noch nie am Himmel gesehen haben. Der restliche Himmel ganz klar, nur diese Wolke in schillernden Farben. Ich halte an; was sonst und zücke zuerst mein Handy dann die Kamera. Der nachfolgende Verkehr ist mir in diesem Moment ziemlich Wurscht und ich mache den Pannenblinker an. Das erste Fahrzeug hinter uns ist das Hamburger Wohnmobil. Sie sind so nett und halten direkt an um zu fragen, ob alles ok ist. Das macht heute auch nicht jeder Camper, und unser Pannenblinker sagt ja etwas anderes aus. Wir bedanken uns und verweisen auf dieses Gebilde, was die beiden Insassen leoider nicht interessiert hat.
Echt leider, denn so etwas bekommt man wohl nie wieder zu sehen.
Unsere Vermutung im ersten Anlauf ist „Nordlichter am Tag“ denn dieses Farbenspiel ist höher als Wolken. Und wer schon mal geflogen ist, der weiß, dass man in Reiseflughöhe von ca. 10.000 Metern keine Wolken mehr über sich ausmachen kann. Sondern nur nach unten, da sind sie reichlich.
Nun wage ich keine genaue Angabe zu machen, denn unser Zollstock im Auto der hat nur zwei Meter, und das Rollbandmaß nur fünf Meter. Also brauchen wir auch nicht nachmessen. Wenn da nicht ein Flieger zufällig vorbeigekommen wäre und somit klar war, dass diese „Wolken“ ÜBER der Reiseflughöhe rum schwebte. Nach unseren Meinungen konnten es nur Nordlichter sein, welche am Tag ihre volle Kraft entfalten. Wir nutzen jede Chance das Spiel der verschiedenen Positionen, in Verbindung mit sich anbahnender Dunkelheit und Sonnenuntergang, festzuhalten. Das heißt also immer wieder rechts ran und anhalten, Kameras raus und „klick klick klick“
Jetzt wo wir hier den Bericht verfassen, die Bilder auswerten und sortieren, merke ich erst, dass wir 100 te davon gemacht haben. Und das ist auch gut so.
Wir hatten das Glück so etwas live zu erleben. Wir haben die Bilder im Kopf und werden sie nie nie nie vergessen!
Nordlichter am Tag, das ist eine Sensation. Stimmt, wäre es auch, und es war in meinem euphorischen Gehirn weit gefehlt. Es waren keine Nordlichter, sondern Perlmuttwolken.
Ich fasse die Beschreibung mal kurz mit meinen Worten zusammen, denn Conny hat sich da gut belesen, und mir alles erklärt. Wer mehr dazu wissen möchte (und das lohnt sich, denn dann bist Du besser auf so eine Ereignis vorbereitet als wir), dem empfehlen wir hier einmal nachzulesen: Perlmuttwolken bei Wikipedia
Diese Wolken entstehen in der Stratosphäre, im Bereich zwischen 20km und 30km Höhe.
Sie bestehen aus Kristallen aus Schwefelsäure und Salpetersäure, was auch für diese Farben verantwortlich ist. Diese Wocken sieht man im Norden nur nördlich des Polarkreises auf (genau gesagt oberhalb 80 Grad nördlicher Breite. Im Süden die gleichen Bedingungen nur eben südlich von 80 Grad südlicher Breite). Im Norden sind sie seltener zu sehen. Alles was ich gefunden habe, sagt aus, dass man mit viel Glück alle zwei Jahre im Januar, bei klarer Sicht das Glück haben kann. Wir können es kaum fassen.
Der Rest der Fahrt ist gar nicht mehr so interessant für uns, weil wir kaum fassen können, was wir erlebt haben.
Trotzdem fahren wir durch bis Lulea, um einen wunderschönen Platz am Hafen zu beziehen.
Diese Eindrücke müssen wir erst einmal verarbeiten und den Bericht über die traumhafte Stadt schreibe ich morgen oder übermorgen.
Denn diese Wolken, haben eine eigene Seite und eine eigene Galerie verdient.
Das erste Mal, solange wie ich mit einer sehr guten Kameraausrüstung unterwegs bin, beneide ich meine liebe Frau um ihr neues Smartphone. Die Aufnahmen mit der Smartphone-Linse sind der Hammer, und ich muss noch viel Arbeit in die Bilder stecken, die ich gemacht habe. Das wird noch etwas dauern, aber die liefere ich dann gerne nach.
Wir haben alle Bilder und alle Videos mit einem Wasserzeichen versehen. Und wir hoffen es geht dadurch nicht so viel kaputt. Diese Bilder sind aber so wertvoll für uns, dass wir jedem Missbrauch vorbeugen wollen.
Und jetzt könnt ihr Euch gerne an unserer Galerie genauso erfreuen, wie wir es getan haben.
Viel Spaß dabei; der nächste Bericht dann aus Lulea.